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© Die Wochenzeitung; 27.06.2002 [0]; Nummer 26; Seite 2

Telekommunikation: Der Staat horcht mit

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16 Millionen zum Schnüffeln

 

Die Kontrolle von 4900 Telekommunikationsanschlüssen kostet die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden rund 16 Millionen Franken - achtzig Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Heiner Busch

 

Wer die Seite 504 der Staatsrechnung der Schweizerischen Eidgenossenschaft für das Jahr 2001 aufschlägt, macht eine interessante Entdeckung: Der Dienst für Besondere Aufgaben (DBA) im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation hat im vergangenen Jahr Gebühren in Höhe von 15 988 698 Franken eingenommen, 7,8 Millionen mehr als im Vorjahr. Bezahlt wurde dieser Betrag von den Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Kantone, und zwar für die von ihnen in Auftrag gegebenen Telekommunikationsüberwachungen. Die Mehreinnahmen resultieren, wie es in dem kurzen Begleittext heisst, aus dem «höheren Auftragsvolumen», im Klartext: aus der gestiegenen Zahl und dem gewachsenen Umfang der Überwachungen.

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Der Bund hat den Dienst 1998 mit der Liberalisierung des Telekommunikationssektors eingerichtet. Tatsächlich hat er eine sehr spezielle Aufgabe: Er ist das Bindeglied zwischen den verschiedenen Telekomfirmen und den Strafverfolgungsbehörden. Wenn die Behörden im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens den Fernmeldeverkehr einer Person überwachen lassen wollen, müssen sie dies durch spezielle RichterInnen genehmigen lassen - meistens durch die PräsidentIn der Anklagekammer des jeweiligen kantonalen Obergerichts. Zur technischen und administrativen Durchführung der Überwachung geht die Anordnung an den Dienst für Besondere Aufgaben. Dieser weist seinerseits die jeweilige Telekomfirma an, die entsprechenden Daten herauszurücken beziehungsweise die ein- und ausgehenden Gespräche oder Nachrichten an die Untersuchungsbehörden weiterzuleiten.

 

Nach Abschluss der Überwachung werden die Strafverfolgungsbehörden zur Kasse gebeten. Etwa die Hälfte der Gebühreneinnahmen des letzten Jahres - so erklärt DBA-Leiter Adrien de Werra gegenüber der WoZ - musste an die Telekomfirmen weitergeleitet werden, um diese für ihre Dienstleistungen zu entschädigen. Die andere Hälfte verbleibt bei dem Dienst, der kostendeckend arbeiten muss. Mit den insgesamt rund 16 Millionen Franken Gebühren des letzten Jahres sind aber nur die technischen und administrativen Kosten der Überwachung bezahlt. Die Niederschriften und die oft erforderlichen Übersetzungen der abgehörten Gespräche werden - so de Werra - in der Regel nicht vom DBA, sondern von den Strafverfolgungsbehörden selbst erledigt. Was diese dafür ausgeben, entzieht sich der Kenntnis des Dienstes.

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Kein 11.-September-Effekt

 

Nicht nur die Kosten der Überwachung sind im letzten Jahr gestiegen, sondern auch die Zahl der überwachten Anschlüsse. Dies geht selbst aus den wenigen Daten hervor, die der DBA bisher über seine Tätigkeit veröffentlicht. «Wir arbeiten mit Dossiers», erklärt de Werra die Zählweise seines Dienstes. «Für jede überwachte Nummer eröffnen wir ein eigenes.» Die Zahl dieser Dossiers bewegte sich seit 1998 bei ungefähr 4000, im letzten Jahr waren es dagegen 4895 - eine Zunahme um mehr als zwanzig Prozent. Nach drei Jahren der Stabilität setzt sich damit der Trend der neunziger Jahre fort. Im vergangenen Jahrzehnt hatte sich die Zahl der Überwachungen verdoppelt.

 

Grundsätzlich unterscheidet man beim DBA zwischen zwei Arten von Dossiers: Die eine bezieht sich auf so genannte rückwirkende Teilnehmeridentifizierungen. Diese Massnahme wurde im Jahr 2001 bei etwa 2000 Anschlüssen angeordnet (im Vorjahr 1 536). Dabei geht es um Rand- oder Verbindungsdaten, die bei jedem Telefongespräch automatisch anfallen: Wer hat auf eine überwachte Nummer angerufen? Wer wurde angerufen? Zu welchem Zeitpunkt, wie lange dauerte das Gespräch? Bei Mobiltelefonen: Von welchem Standort aus, das heisst über welche Natel-Antenne wurde das Gespräch geführt? Diese Daten müssen von den Betreibergesellschaften sechs Monate lang aufbewahrt werden, einerseits zu Zwecken der Abrechnung mit den KundInnen, andererseits um die Wünsche der ÜberwacherInnen zu erfüllen, die dadurch einen Überblick über das Beziehungsnetz oder gar ein Bewegungsprofil der betreffenden Person erhalten.

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Sechzig Prozent aller DBA-Dossiers des Jahres 2001 bezogen sich dagegen auf «aktive Schaltungen». Anders ausgedrückt: Bei 2900 Telefon- oder Faxanschlüssen erhielten die StrafverfolgerInnen fortlaufend nicht nur Kenntnis von den scheinbar ungefährlichen «Randdaten», sondern auch vom eigentlichen Inhalt der Kommunikation. Dieser wird möglichst in «Echtzeit», also unmittelbar an die anordnende Behörde weitergeleitet. Die Zahl dieser Abhörmassnahmen im engeren Sinne ist gegenüber dem Jahr 2000 um 570 Fälle gestiegen.

 

internationaler Spitzenplatz

 

«Von unserer Seite haben wir keinen Überblick über die Gründe, die zu diesem Anstieg geführt haben», bedauert DBA-Chef de Werra. Die Anschläge in den USA vom 11. September letzten Jahres scheinen als Erklärung nicht auszureichen, denn der Anteil der für die diesbezüglichen Ermittlungen verantwortlichen Bundesanwaltschaft an den DBA-Dossiers ist nur leicht gewachsen. Bei den Kantonen führt nach wie vor Zürich gefolgt von Bern und Genf. Und auch bei der Verteilung auf Delikte erkennt de Werra keine wesentlichen Unterschiede: Den grössten Anteil haben hier weiterhin die Drogenermittlungen. Rund zwei Drittel der Überwachungen betreffen Mobiltelefone. Der Anteil von E-Mail-Kontrollen ist minim. Er dürfte erst ab Frühjahr 2003 wachsen, wenn auch die Provider die technischen Voraussetzungen erfüllen müssen, die im Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen «Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs» und der zugehörigen Verordnung vorgesehen sind.

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2900 eigentliche Abhörfälle auf rund sieben Millionen EinwohnerInnen. Thilo Weichert von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz ist erstaunt: «Bezogen auf die Bevölkerungsgrösse haben die schweizerischen StrafverfolgerInnen selbst ihre deutschen KollegInnen abgehängt, die bisher als unangefochtene Weltmeister auf diesem Gebiet galten.» Im Jahr 2000 hatten die StaatsanwältInnen des 80-Millionen-Landes 15 741 Anschlüsse anzapfen lassen, 7500 Personen waren hiervon als InhaberInnen oder BenutzerInnen betroffen. Für 2001 haben bisher weder die Telekom-Regulierungsbehörde noch die Justizverwaltungen offizielle Daten vorgelegt. Weichert rechnet aber mit einer Steigerungsrate von zehn Prozent. Trotz grossen Anstrengungen haben die Deutschen ihren Weltmeistertitel an die Schweiz verloren.

© Die Wochenzeitung – hier online.

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Links: WOZ Wochenzeitung Zürich [Schweiz] [online].

[2]       UVEK Eidgenössisches Departement Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation.

[3]       DBA Dienst für besondere Aufgaben.... ^

[4]       Adrien DeWerra, Chef DBA - Bigbrotherawards 2002.| Neues vom Polizeistaat [5]

[6]       Schweizer Polizei-Hacker - mit Software-Wanzen gegen das eigene Volk.

[7]       Der schweizer E-Mail-Skandal, die flächendeckende Bespitzelung !.

[8]       Hier sind Ihre “Volks“vertreter àdie eigenen WählerInnen bespitzeln !.

[9]       Verfassung: Art 13 Schutz Privatsphäre  | Art 9 Treu und Glaube... [10]       .

[11]     Bruno Frick, CVP, Parlamentarische Initiative – sang- und klanglos zurückgezogen.

[12]     Die Schweizerische Post; coming soon....

[13]     Der geheime Swisscom-Rechner und unbescholtene Mobiltelefon-Benützer.

[14]     Alter Wein in neuen Schläuchen – der Fichen-Skandal.

[15]     gewaltigste Regierungskriminalität in der Schweiz | Online Original.[16]    

[17]     Internet-Zensur in der Schweiz – Heise online Germany | Mirror (falls Error) [18].

[19]     The future of free speech in Switzerland GILC Global Internet Liberty Campaign.

[20]     Interner-Zensur Schweiz – Google search.

[21]     Bluewin/Swisscom – Internet-Zensur und Porno-Provider | Das Dossier... [22].

[23]     Verfassung: Art 16 Meinungs-/Informationsfreiheit | Art 17 Zensur | FMG 49

[26]     Internet-Zensur sogar gegen Tierschutz – VgT Verein gegen Tierfabriken.

[27]     Rechtsgutachten Prof.Dr.iur. Franz Riklin  | Von der Aufklärung verschont [28].

[29]     Vereinigung von Opfern der schweizer Justiz «Appel-au-peuple» | J.C. Simonin .

[31]     Weiterführende Links & Info; weitere Skandale.

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